Globalisierung begann nicht gestern - sondern vorvorgestern. Dies wird nirgendwo so greifbar wie in der Textilwelt der Ostschweiz. Bereits im 18. Jahrhundert bezog die Region Rohstoffe wie Baumwolle und Färbemittel aus fernen Gegenden jenseits der Meere. Auch Muster und Techniken hatten oft exotische Ursprünge. Gleichzeitig fanden die hier produzierten Stoffe
den Weg in die Karibik und nach Brasilien. Im 19. Jahrhundert erschloss die Industrie zunehmend weiter entfernte Märkte und bediente schliesslich Kunden auf allen Kontinenten.
Die Ostschweizer Textilindustrie zeichnete sich zunächst nicht durch Eigenkreationen aus, sondern durch die technisch raffinierte Adaption gängiger Muster, die anschliessend exportiert wurden. Erst mit dem Aufstieg der Stickereiindustrie rückten eigene Innovationen stärker in den Vordergrund. Doch wie gelang es dieser Binnenregion ohne direkten Zugang zum Meer, Teil der globalen Handelsnetzwerke zu werden?
Der freischaffende Historiker Dr. Andreas Zangger beleuchtet diese Frage in seinem Buch, basierend auf umfangreichem Quellenmaterial und aktueller Forschung. Das Werk gliedert sich in drei Teile: Orte - Stoffe - Soziale Beziehungen. Der erste Teil widmet sich den Handelsdestinationen, der zweite untersucht ausgewählte Stoffe, ihre Geschichte und ihre Träger. Im dritten Teil analysiert Zangger die Netzwerke des Ostschweizer Textilhandels und wie sie aufgebaut, gepflegt und über Generationen hinweg erhalten wurden.