Heimat verbindet den Menschen und seine Umwelt zu einer sinnhaften Ganzheit. Im neuzeitlichen Weltverständnis dagegen steht die Natur dem Menschen als Objekt gegenüber, das erkannt und beherrscht werden soll. In dieser objektivierenden und trennenden Sichtweise ist kein Platz für Heimat. Heimat ereignet sich im Gefühl, das sich der wissenschaftlichen Erfassung sperrt.
Wolfgang Thüne, der Ende des Zweiten Weltkrieges als Kind seine ostpreußische Heimat verlassen mußte, gelingt es dennoch, einen wissenschaftlichen Zugang zum Phänomen Heimat zu finden, indem er aufzeigt, daß Heimat den Rahmen bildet, in dem sich gelingendes Leben entfaltet. Erst heute, in einer Epoche, in der Heimat zunehmend nur noch negativ, als ein etwas Verlorengehendes erfahren wird, sei es durch Vertreibung, sei es durch die von einer entfesselten rationalistisch-ökonomistischen Funktionalismus vorangetriebenen Vernutzung und Verschandelung unser Umwelt, wird deutlich, wie wichtig das Eingebundensein in eine vertraute und dem Menschen zugewandte Umgebung ist. Thüne beschränkt sich nicht darauf, eine vergangene Idylle zu beschwören, sondern er will Heimat begreifen, indem er sein Nachdenken über Heimat einbettet in Theorien des Räumlichen - einerseits in den Disziplinen Soziologie, Geographie, Geopolitik, Verhaltensforschung und andererseits in die Tradition einer umfassenden Kulturkritik.