Es ist zweifelsohne ein Ort wie kein zweiter in Deutschland: der Kiez. Auf der Reeperbahn und umzu tummelt sich jedes Wochenende das feierwütige Volk aus Deutschland und ganz Europa, während nur wenige Meter weiter Menschen wohnen, ihr Kinder großziehen, Nachbarschaft pflegen und sich in von Massentourismus unberührten Kneipen die Köpfe heiß reden.
Paulianer:innen lieben ihren FC St.Pauli, den Nachtmarkt auf dem Spielbudenplatz, die Nähe zueinander und die Freiheit, so zu leben wie sie es sich wünschen. Es ist eine Gemeinschaft, die niemanden fallen lässt. Nicht die Wohnungslosen, die sich zu Corona auf einmal mit leeren Bechern wiederfanden, nicht ihre Künstler:innen und Gastronomie ohne Publikum und Gäste. Zusammenhalt, Solidarität, Toleranz, das zeichnet die Menschen hier, in diesem kleinen glitzernden gallischen Dorf, aus.
Aber der Stadtteil ist auch verletzlich. Kommerz und Einheitsgastronomie versuchen an den Grundfesten zu rütteln. Stand heute hält das Bollwerk aus Diversität, Stolz und Sturheit den Angriffen Stand. Andreas Muhme möchte, dass dies so bleibt und mit dem Foto-Bildband zeigen, wie hoch der Preis wäre, wenn wir den Kiez, so wie er ist, verlieren.
Faces of St. Pauli zeigt Portraits von Menschen die hier leben oder arbeiten und mit ihrem Dasein den Stadtteil prägen. Es sind Künstler:innen, Gastronom:innen, Sozialarbeitende, politisch Engagierte, Wütende, Traurige, Hoffnungsvolle, Paradiesvögel und Gestrandete.
Mein Lebensgefühl, meine Vita, mein St. Pauli: Jedes Face füllt eine Doppelseite des Bildbands. In jeweils zwei Schwarz-Weiß-Portraits, einem verdecktem sowie einem klaren,visualisiert Andreas Muhme das Lebensgefühl, den unverwechselbaren Kern seines Models. Betrachtende lernen die Paulianerin, den Paulianer über ihre Kurzvita kennen und erfahren, was Leben auf dem Kiez für sie ausmacht. Schon die mit Herzblut verfasste Einleitung der Autorin Simone Buchholz bringt auf den Punkt, worum es geht: "St. Pauli ist schuld, dass ich so aussehe."
Diese Buch ist für alle, die ihr Herz hier am Hamburger Hafen verloren haben oder zumindest auf dem besten Weg dorthin sind.