Demokratien brauchen aktive Demokraten
Beteiligung an politischen Entscheidungen war in der Antike in Athen Privileg und Pflicht. Spricht man Bürgerinnen und Bürger angemessen und nicht als schonbedürftige Kinder oder nutzenmaximierende Konsumenten an, werden aus Privileg und Pflicht Verantwortung. Diese andere Bürgerlichkeit mag eine Zumutung sein. Sie macht vor allem: Mut auf mehr und Mut auf die selbst mitgestaltete Zukunft.
Die Demokratie wird angegriffen. Aber die Verteidigungsfront verläuft nicht nur in der Ukraine, in Hong Kong, Taiwan, Afghanistan. Nicht nur äußere Feind bedrohen die Freiheit, sondern auch eine Erosion demokratischer Haltungen und Gewohnheiten. Eigentlich handelt es sich aber um eine tiefe Entfremdung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den Repräsentanten Ihres Staates. Während die Menschen in der Ukraine einen Heroismus zeigen, der uns fremd geworden ist, fragen wir uns, was uns das Leben in der Demokratie wert ist? Felix Heidenreich zeigt in seinem Buch vor, dass die demokratische Selbstregierung immer auch eine Zumutung war. Dabei geht es nicht nur um die einfache Erfüllung von Pflichten. Erst als Antwort auf eine angemessene Ansprache werden die Menschen zu Bürgerinnen und Bürgern in einem starken Sinne, zu
citoyens
, die Politik nicht wie nörgelnde Kinder konsumieren, sondern verantwortlich mitgestalten.
»Je deutlicher sich die Feinde der Demokratie zu erkennen geben, umso kostbarer erscheint die Freiheit.«
Die Demokratie wird angegriffen - in der Ukraine, in Hong Kong, Taiwan oder Afghanistan. Doch nicht nur äußere Feinde bedrohen die Freiheit - ebenso gefährlich ist die Erosion demokratischer Haltungen und Gewohnheiten in den etablierten Demokratien selbst. Während die Menschen in der Ukraine heroisch Widerstand leisten, ist es in vielen westlichen Gesellschaften beinahe undenkbar geworden, dass der Staat Zumutungen formuliert. Felix Heidenreich zeigt jedoch, dass die demokratische Selbstregierung immer schon bedeutete, dass Bürgerinnen und Bürger in Anspruch genommen, gefordert werden
»Ein spannendes Buch.«
Matthias Zehnder, Wochenkommentar & mehr, 26. Juli 2022