»Bekomme ich in Europa keine Aufenthaltsbewilligung, gibt es kein einziges Land, das mich aufnimmt. Das ist verrückt. Und in Kabul töten sie mich. Trotzdem drohen sie mir mit Deportation. Ich verstehe das nicht«, sagt ein junger Mann im Registrierungs- und Aufnahmezentrum Moria auf der griechischen Insel Lesbos.
Sie fliehen vor Krieg, Diktatur, Hunger und den Auswirkungen der Klimakatastrophe; manche sind auf der Suche nach einem besseren Leben; sie kommen aus dem Mittleren Osten, aus Südostasien, dem Maghreb und subsaharischen Ländern. Allen ist gemein, dass sie in seeuntüchtigen Gummibooten das Ägäische Meer überqueren und auf den griechischen Inseln in Lagern gefangen gehalten werden, bis entschieden ist, ob sie in Europa Asyl beantragen dürfen - oder ob sie in die Türkei deportiert werden. Das kann Jahre dauern.
Neun Männer und Frauen aus dem Lager Moria auf der Insel Lesbos, Geflüchtete und Aktivistinnen, erzählen der Autorin (oder ihrem fiktiven Alter Ego Henny L.), was es braucht, um dort zu überleben. Es geht um Hunger, Kälte, Hitze, Warten, Gewalt und um den radikalen Kontrollverlust über das eigene Leben.
Amori. Die Inseln ist keine Chronik der Skandale, sondern ein dokumentarischer Bericht, der mit literarischen Mitteln die grösstmögliche Nähe zu den Beteiligten sucht. Jahrhundertealte europäische Praxis wird dokumentiert: die Selektion und das Lager.
Die Protagonistinnen und Protagonisten setzen ihr die ganz eigenen Vorstellungen von persönlicher Erfüllung und Freiheit entgegen.