Die grosse Unruhe ist das genaue Gegenteil eines behäbigen Schweizer Romans aus der Vorkriegszeit. Eine nervöse, temporeiche Erzählweise gibt die Zugehörigkeit des Werks zur literarischen Avantgarde zu erkennen. Zollinger bleibt aber auch in diesem mittleren seiner fünf Romane seiner unverwechselbaren poetischen Sprache treu. Als das Buch, in dem die 'wilden Zwanzigerjahre' nachvibrieren, 1939 erschien, war geistige Landesverteidigung angesagt. Die Anerkennung blieb aus - bis heute.
Erzählt wird von einem Berner Architekten, Urban von Tscharner, der aus einer scheinbar soliden Ehe ausbricht und sich nach Paris absetzt. Die Menschen, mit denen er sich rasch anfreundet, sind ebenfalls Gestrandete, die grösstenteils aus Osteuropa stammen. Ihnen schenkt der Erzähler nun reihum seine Aufmerksamkeit. Die vermeintliche Hauptfigur tritt in den Hintergrund und es formiert sich ein Roman des Nebeneinanders. Die politischen Kontexte - Streiks und Strassenproteste in Paris und der Machtantritt Hitlers in Berlin, wo von Tscharners Frau lebt - werden behutsam mit den Psychogrammen geistiger Orientierungslosigkeit in Zusammenhang gebracht.
Die vorliegende Neuauflage bietet die Möglichkeit, einen der bedeutendsten Autoren der Schweiz anhand seines vielleicht kühnsten Werks wiederzuentdecken. Das Nachwort berichtet von der langwierigen Entstehung und den Rücksichtsnahmen des Verlegers auf den Markt im nationalsozialistischen Deutschland und stellt den Roman in seinen literaturgeschichtlichen Kontext.